Depeche Mode - Behind the Scenes

Interview Nr. 3
Mit Gareth Jones, Produzent der Berliner Depeche-Mode-Alben "Construktion Time Again", "Some Great Reward" und "Black Celebration".


DM-Tour:
Hallo Gareth, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview genommen hast.

Gareth Jones:
Hi Christian!

DM-Tour:
Zwischen 1983 und 1986 hast du Depeche Mode als Produzent in den Berliner Hansa-Studios begleitet. Wie lange hast du selbst in Berlin gelebt?

Gareth Jones:
Ich habe etwa von 1983 bis 1992 in Berlin gelebt, unter anderem in der Nähe des Potsdamer Platzes.

Der Eintrag von Gareth Jones im West-Berliner Telefonbuch von 1985-86 (Foto: DM-Tour)

DM-Tour:
Wie sieht es mit deinen Deutschkenntnissen aus?

Gareth Jones (antwortet auf Deutsch):
"Für die Frage ich möchte sagen, mein Deutsch ist nicht so schlecht und ich spreche sehr gern Deutsch."

DM-Tour:
Wann genau hast du Depeche Mode zum ersten Mal getroffen?

Gareth Jones:
Zum ersten Mal traf ich die Band vor den Aufnahmen zum Album "Construction Time Again". Das war im Büro von Mute Records, am Londoner Kensington Square, wo wir zu einem Vorstellungsgespräch verabredet waren.

DM-Tour:
Waren die Jungs, als sie 1983 nach Berlin kamen, fasziniert von der Atmosphäre in der geteilten Stadt?

Gareth Jones:
Wir alle fanden es inspirierend, in Berlin zu arbeiten und mochten die Atmosphäre - und die Menschen. Berlin ist eine wundervolle Stadt.

DM-Tour:
Welche Erinnerungen verbindest du mit den Studioaufnahmen von 1984 bis 1986?

Gareth Jones:
Wenn ich an die Aufnahmen mit Depeche Mode zurückdenke, fallen mir in erster Linie die Begeisterung und Experimentierfreude ein. Wir haben im Studio stets versucht, Neues zu schaffen - experimentelle Popmusik eben.

DM-Tour:
Wer war, neben Daniel Miller, dein Hauptansprechpartner bei Depeche Mode?

Gareth Jones:
Wir haben alle sehr eng zusammengearbeitet - und die Beziehungen untereinander waren gleichermaßen wichtig. Eigentlich haben wir während der meisten Zeit sehr gut miteinander harmoniert.

DM-Tour:
Hast du die Band in ihrer Berliner Zeit eher als Freunde - oder als funktionierendes Team wahrgenommen?

Gareth Jones:
Im Großen und Ganzen hatten alle ein gut funktionierendes Arbeitsverhältnis. Hin und wieder gingen wir zwar gemeinsam ein Bier trinken oder etwas essen. Aber da wir fast jeden Tag im Studio waren, hieß es immer "arbeiten, arbeiten, arbeiten" - "You’ve got to work hard"!

DM-Tour:
Zu welcher Uhrzeit haben die Arbeiten in den Hansa-Tonstudios regulär begonnen bzw. geendet?

Gareth Jones:
Die Studiosessions starteten in der Regel zwischen 11 und 12 Uhr. Manchmal war ich schon etwas früher da, um das Equipment zu checken und aufzubauen. Wir haben teilweise sehr lange gearbeitet, manchmal bis 1 Uhr, 2 Uhr oder sogar 3 Uhr morgens. Und wenn wir einen engen Zeitplan hatten, haben wir auch mal die ganze Nacht durchgearbeitet.

DM-Tour:
Gab es während der Aufnahmen in Berlin auch freie Tage? Und was hat die Band an solchen Tagen unternommen?

Gareth Jones:
Ich habe keine Ahnung, was die Band an freien Tagen gemacht hat - wahrscheinlich entspannen oder Schlaf nachholen. Als wir das Album "Black Celebration" produziert haben, gab es vom Beginn der Aufnahmen bis zur Fertigstellung des Endmixes keinen einzigen freien Tag. Wir haben absolut jeden Tag im Studio verbracht.

DM-Tour:
Wann hast du die von Martin Gore geschriebenen Demos in der Regel zum ersten Mal gehört?

Gareth Jones:
Normalerweise hat mir Daniel Miller die Demos, kurz bevor wir ins Studio gingen, zugeschickt. Da habe ich die Songs dann auch zum ersten Mal gehört.

DM-Tour:
Habt ihr sämtliche Demos von Martin produziert? Oder hat sich die Band gelegentlich dafür entschieden, Songs "auszusortieren"?

Gareth Jones:
Martin schrieb keine "überschüssigen" Songs. Soweit ich weiß, landeten nahezu all seine Demos auf dem kommenden Album. Er gehört nicht zu der Sorte Songwriter, die 50 Stücke schreiben und daraus dann 10 fürs Album auswählen. Vielmehr hat er 12 Songs geschrieben, wovon 10 aufs Album und 2 auf die Single-B-Seiten kamen.

Januar 1986: Martin Gore vor dem Hotel InterContinental in West-Berlin (Foto: Anke Ehlers)

DM-Tour:
Was meinst du - wie viele unveröffentlichte Depeche-Mode-Songs liegen irgendwo im Safe? Und wie lautet das Passwort?

Gareth Jones:
Ich glaube nicht, dass es unveröffentlichte Songs von Depeche Mode gibt.

DM-Tour:
Was hat Dave Gahan während der Instrumentalaufnahmen für gewöhnlich getan?

Gareth Jones:
Dave war, so wie alle anderen auch, extrem wichtig für die Atmosphäre bei der Entstehung einer Platte. Während wir in Berlin die Backing-Tracks produzierten, hat er uns oft ermutigt oder unsere Arbeit kritisch unter die Lupe genommen.

DM-Tour:
Wo hat der Sänger seine Gesangsparts eingeübt?

Gareth Jones:
In den Hansa-Tonstudios gab es jede Menge Platz - und somit auch viele Ecken, wo Dave sich zurückziehen und seine Stimme aufwärmen bzw. Gesangsparts einstudieren konnte.

DM-Tour:
Hast du damals einen großen Unterschied zwischen Alan Wilder und den Jungs aus Basildon empfunden?

Gareth Jones:
Als ich anfing, mit Depeche Mode zu arbeiten, war Alan offensichtlich "der Neue". Als wir dann Jahre später die "Black Celebration" abgeschlossen haben, war er ein kompletter Teil des Teams.

DM-Tour:
Hattet ihr ein gemeinsames Ritual, wenn die Arbeit an einer Single oder einem Album abgeschlossen war?

Gareth Jones:
Nach dem Fertigstellen eines Projekts gingen wir erst mal schlafen - denn wir waren wirklich sehr müde.

DM-Tour:
Das Video von "Everything Counts" wurde in West-Berlin aufgenommen. Hat die Band hierfür persönliche Ideen beigesteuert?

Gareth Jones:
Ich war nicht in die Arbeiten zum Video von "Everything Counts" involviert, bin mir aber ziemlich sicher, dass die Band zusammen mit dem Regisseur geeignete Drehorte ausgewählt hat.

DM-Tour:
Als Pionier in Sachen digitales Equipment warst du maßgeblich daran beteiligt, dass das Sampling Einzug in die Musik hielt. Haben Depeche Mode in Berlin viele Samples, z. B. auf der Straße oder in leerstehenden Fabrikhallen, aufgenommen?

Gareth Jones:
Wir haben häufig Samples aufgenommen, fast überall. Insbesondere kann ich mich noch an eine Session auf dem Dach der Hansa-Studios erinnern - genauer gesagt auf der Terrasse, außerhalb des Mixrooms.

DM-Tour:
Könntest du mir die damalige Fan-Situation vor den Hansa-Tonstudios beschreiben?

Gareth Jones:
Nach dem Erfolg des Albums "Construction Time Again" hatten wir jede Menge Fans, die zum Studio gepilgert kamen und vor dem Gebäude oder auf den Treppen warteten. Es war eine tolle Atmosphäre.

DM-Tour:
Wo hat die Band während der Aufnahmen in den Hansa-Studios gegessen? Gab es einige spezielle Orte in der Nähe des Potsdamer Platzes? Oder habt ihr euch lieber Essen bestellt?

Gareth Jones:
Es gab ein italienisches Restaurant im Erdgeschoss der Hansa-Studios in der Köthener Straße. Dort haben wir oft gegessen. Oder wir sind in der Gegend herumgelaufen und haben uns ein Restaurant gesucht. Einen Lieferservice haben wir eher selten genutzt.

DM-Tour:
Wie sah euer Nachtleben aus? Seid ihr oft ausgegangen?

Gareth Jones:
Besonders oft weggegangen sind wir nicht, weil wir immer sehr lange gearbeitet haben. Dafür hatten wir aber jede Menge Spaß im Studio. Und natürlich sind wir hin und wieder um die Ecke gegangen, ein Bier trinken. An viele Partys erinnere ich mich allerdings nicht.

Februar 1986: Depeche Mode unterwegs im nächtlichen Berlin (Foto: Fan)

DM-Tour:
Welche Location hast du in Berlin gern besucht?

Gareth Jones:
Meine Lieblingsbar in Berlin war das "Dina" (Anmerkung der Redaktion: Schreibweise des Namens kann variieren). Besonders mochte ich, dass dort keine Musik gespielt wurde.

DM-Tour:
Welche Rolle spielte für die Jungs von Depeche Mode zur damaligen Zeit Alkohol, sowohl im Studio als auch in der Freizeit?

Gareth Jones:
Während der Aufnahmen haben wir eigentlich überhaupt keinen Alkohol getrunken. Und, soweit ich mich erinnere, auch nicht besonders viel außerhalb des Studios.

DM-Tour:
Durch die Erfolge In den Achtzigerjahren wurden die Bandmitglieder bald zu Millionären. Hat sich das irgendwie bemerkbar gemacht?

Gareth Jones:
Ich habe mit der Band nie über Geld gesprochen. Wir sprachen über Musik.

DM-Tour:
Mal was ganz Alltägliches: Welche Verkehrsmittel haben Depeche Mode in Berlin vorzugsweise genutzt?

Gareth Jones:
Es kann durchaus sein, dass die Bandmitglieder des Öfteren die U-Bahn benutzt haben. Hauptsächlich erinnere ich mich aber daran, dass wir im Taxi unterwegs waren.

DM-Tour:
Martin lebte ja bekanntlich zeitweise bei seiner Berliner Freundin. Wo haben Dave, Andy und Alan während der Aufnahmen gewohnt?

Gareth Jones:
Während der Aufnahmen zu "Construction Time Again" waren Depeche Mode im Hotel InterContinental untergebracht. Eventuell sind sie dort auch in den darauffolgenden Jahren wieder abgestiegen.

DM-Tour:
Hatte Daniel Miller während der Berlin-Periode eine eigene Wohnung bezogen?

Gareth Jones:
Nein, Daniel hatte keine Wohnung in Berlin.

DM-Tour:
Vielleicht noch eine Frage zum Abschluss: Bist du traurig, dass die Zeit in Berlin vorüber ist?

Gareth Jones:
Ich bin nicht traurig. Das Leben geht weiter und ich besuche Berlin nach wie vor - ich liebe Berlin!

DM-Tour:
Das ist doch ein gutes Schlusswort - herzlichen Dank für das tolle Interview!

Gareth Jones:
Gern geschehen, viel Glück!


Interview: © 2015 Christian Haase (DM-Tour) / Transkription aus dem Englischen: Audrey Micheneau.

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